Donnersbergkreis und Landkreis Kusel: Gemeinsam bei der Gewerbeflächenentwicklung in die Zukunft

    Als er noch vor der Corona-Pandemie gemeinsam mit Wirtschaftsförderer Reiner Bauer auf einer Fachmesse in München war, gab es für Landrat Rainer Guth einen Aha-Effekt. So weiterzumachen wie bisher, indem sich einzelne Standorte im Donnersbergkreis und der Region für die Gewerbeansiedlung einzeln vermarkten, würde nicht mehr zielführend sein. „Wir waren chancenlos.“ Das soll sich ändern.

    Denn wenn sich die Region nicht aus einem Guss vermarktet, werde sie schlicht nicht wahrgenommen. Viel zu groß ist das Buhlen landauf, landab seitens der Kommunen um Betriebe einerseits und seitens der Firmen um Flächen andererseits. Längst hat man inzwischen umgesteuert, woraus nun eine Analyse der potenziell auszuweisenden Gewerbeflächen im Donnersbergkreis und dem Landkreis Kusel erwachsen ist. Diese und das mögliche weitere Vorgehen wurden nun im Rahmen eines Strategietreffs Gewerbe- und Industrieflächenentwicklung in der Mühle am Schlossberg in Wartenberg-Rohrbach vorgestellt. 

    Dazu waren Vertreter der Verbandsgemeinden und Kommunen, aus Wirtschaft sowie Bankenwesen gekommen. Der Landrat betonte, dass man attraktive Standorte habe, die nun weiterentwickelt werden sollen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die ein oder andere Branche, die jahrzehntelang für Arbeitsplätze gesorgt hat, sich künftig verändern werde. Die gemeinsame Studie der beiden Landkreise, gefördert vom Land, zeige mögliche neue Gewerbe- und Industrieflächen auf und wie sie erfolgreich entwickelt werden können – vom Baurecht über die Erschließung bis zur Vermarktung, wie Wirtschaftsförderer Bauer betonte. So sollen die Gewerbegebietsstrukturen in der Westpfalz insgesamt verbessert werden, woran der Landkreis Kaiserslautern bereits erfolgreich arbeitet und was die Südwestpfalz nun auch tun will.

    Die beiden Landkreise haben viele Vorteile auf ihrer Seite

    Sarah End, Geschäftsführende Gesellschafterin von Kernplan, Gesellschaft für Städebau und Kommunikation im saarländischen Illingen, bescheinigte dem Donnersbergkreis und dem Kreis Kusel gute Voraussetzungen für die gewerbliche Entwicklung. Dazu gehören eine zentrale Lage in Europa, in vielen Bereichen eine gute Verkehrsanbindung, qualifizierte Arbeitskräfte, gute Grundstückspreise und eine Gegend, in der man gerne lebt.

    Es gebe kein Unternehmen, das heutzutage noch fünf oder gar zehn Jahre warte, bis eine Fläche frei wird. Die Digitalisierung biete dem ländlichen Raum die Chance, hier im Wettbewerb zu bestehen und diesen für sich zu entscheiden, da man inzwischen von überall aus arbeiten könne. Teilweise würden sogar Fertigungsschritte zurück nach Deutschland verlegt, wodurch der Bedarf weiter steige. Es gelte dabei für die Flächen-Anbieter, Prioritäten zu setzen, denn nicht jeder Bewerber passe zur Fläche und nicht jeden müsse man nehmen. Abgesehen von der Eigenentwicklung bestehender Betriebe seien inzwischen Gewerbeflächen mit einer Mindestgröße von fünf Hektar gefragt, die nicht steiler als 15 Prozent in der Topografie sein dürften.  Auch seien ein Mindestabstand zur Wohnbebauung und das Berücksichtigen von Wasser-, Natur- und Umweltschutz wichtig, um von vornherein mögliche Konflikte auszuräumen.

    Es müssen Prioritäten gesetzt werden

    In den beiden Kreisen wurde in der Studie ein Gesamtumfang von rund 620 Hektar potenzieller Flächen ermittelt, von denen allerdings die wenigsten alle Voraussetzungen für eine perfekte Erschließung erfüllten. Grundsätzlich könnten diese von der betreffenden Ortsgemeinde, im Zusammenschluss mehrerer Kommunen, gemeinsam mit einem künftigen Nutzer oder einem Projektentwickler entwickelt werden. Nach und nach müsse geprüft werden, wie die Voraussetzungen vor Ort sind, es könnten erste Gutachten erstellt werden – doch das dauere. 

    Deshalb sei es wichtig, Prioritäten zu setzen. „Man kann nicht bei allen Flächen auf den perfekten Nutzer warten, weil sie so begehrt sind.“ Es rentiere sich, in Vorleistung zu gehen. Die Zusammenarbeit über Kommunen hinweg hält End für wichtig, denn die eine habe die passende Gewerbe- und die andere vielleicht die nötige Ausgleichsfläche. Unternehmen erwarteten auch nicht mehr, dass ein Bebauungsplan alles zulässt, hier könne man konkrete Vorgaben etwa mit Blick auf eine Begrünung machen. Begrünte Dachflächen beispielsweise würden als Beitrag zum Klimaschutz akzeptiert, mitunter werde geradezu ein Nachhaltigkeitskonzept eingefordert, um damit werben zu können.

    Ends Fazit: In den beiden Landkreisen gebe es insgesamt kaum noch angemessenes Flächenpotenzial, etwa wegen ungünstiger Zuschnitte oder weil sie schlicht nicht mehr frei verfügbar sind. Doch der Bedarf an Industrie- und Gewerbeflächen gehe über den Eigenbedarf weit hinaus. Potenzielle Standorte müssten daher vorausschauend und bedarfsorientiert entwickelt werden und mit einem ganzheitlichen und strategischen Ansatz.

    Angekommen an einem Wendepunkt

    Eben weil sich die Nachfrage nicht mehr bedienen lasse, gebe es eine hohe Notwendigkeit, aktiv zu werden, hob Reiner Bauer hervor. In der Vergangenheit sei vieles am fehlenden gemeindeübergreifenden Denken gescheitert, doch vielleicht sei man nun an einem Wendepunkt angekommen, der neue Entwicklungen ermögliche.

    Auch wenn die Voraussetzungen anders sind als in den beiden Landkreisen und die Entwicklung somit nicht als Blaupause dienen kann, so konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer doch aus dem Vortrag von Reinhard Müller einige interessante Erkenntnisse gewinnen. Er ist Geschäftsführer des Zweckverbands Industriepark Region Trier, der sich aus der Konversion von ehemals französischen Militärflächen entwickelt hat. Die weichen Faktoren und somit ein aktives Standortmanagement würden für die Ansiedlung von Firmen immer wichtiger. Auch sei es nicht immer einfach, wenn wie hier zwei Landkreise, zwei Verbands- und drei Ortsgemeinden im Boot sind, doch dies biete die Chance, größere Projekte zu stemmen. Eine solche Nachfrage nach Flächen wie in der jüngsten Zeit habe es seit der Gründung des Zweckverbands in den frühen 90ern nicht gegeben. Der Preis für eine Fläche spiele meist keine Rolle mehr - Hauptsache es gebe eine. Das A und O seien eine gute Verkehrsanbindung und eine gesicherte Breitbandversorgung. Auch die Energieversorgung sei wichtig; mit einem eigenen Solarpark sei man gut aufgestellt. Und mit einer aktiven Wasserwirtschaft werde das Oberflächenwasser im Gebiet gebunden.

    Landrat Guth: „Wir dürfen uns nicht verscherbeln“

    Seine Erfahrungen teilte auch der Bürgermeister der Orts- und Verbandsgemeinde Winnweiler mit den Gästen. Rudolf Jacob skizzierte das Problem, dass man bei einer Flächenentwicklung finanziell erst in Vorleistung gehen müsse, und das Risiko bestehe, dass die Planung nicht zum Ziel führe. Entweder schließe man einen städtebaulichen Vertrag mit einem Investor, der das Risiko trägt und die Erschließung finanziert. Oder man gründet eine Entwicklungsgesellschaft mit einem Investor und weiteren Kommunen. Oder – sein Favorit – eine öffentliche Rechtsform außerhalb des kommunalen Haushalts. Alles sei jedenfalls einfacher, als im Korsett der für eine Kommune geltenden Vorschriften zu bleiben.

    Landrat Rainer Guth war es wichtig zu betonen, dass „wir uns nicht verscherbeln dürfen“. Man brauche in der Region keine Logistiker, die drei Arbeitsplätze auf fünf Hektar schaffen. „Wir brauchen steuerzahlende Arbeitgeber mit Fertigungstiefe.“ Man müsse aufpassen, dass hier keiner nur für den schnellen Euro umfällt, wegen ihrer Knappheit würden Flächen inzwischen auch in der Peripherie stark gesucht. Die Region müsse als Ganzes wahrgenommen werden, sonst bleibe eine Ansiedlung reines Glück.

    Der Kuseler Landrat Otto Rubly kritisierte zudem, dass es inzwischen nur noch für Flächen ab zehn Hektar eine Förderung vom Land gebe. Deshalb sei es meist unabdingbar, sich mit mehreren Kommunen zusammenzuschließen, um auf eine solche Größe zu kommen. Und während der Diskussionsrunde wurde moniert, dass manche Gegenden auch künftig ohne gute Verkehrsanbindung benachteiligt blieben – und dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) nicht erkenne, dass man nun einmal finanziell in Vorleistung gehen müsse, um die passende Infrastruktur für Ansiedlungen zu schaffen. Angesichts der Verschuldung der Kommunen sei es nicht möglich, 20 Jahre oder mehr zu warten, bis sich Investitionen amortisieren.

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