Kreistag stimmt Mitverlagerung der Unterabteilung Geriatrie an den Westpfalz-Klinikum-Standort Kirchheimbolanden mehrheitlich zu

    Der Kreistag des Donnersbergkreises hat in seiner Sitzung am Dienstag mehrheitlich (28 Ja-Stimmen, 5 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen) der Mitverlagerung der Unterabteilung Geriatrie des Westpfalz-Klinikums vom Standort Rockenhausen an den Standort Kirchheimbolanden parallel zur Verlagerung der Klinik für Innere Medizin 5 vom Standort Rockenhausen nach Kirchheimbolanden zugestimmt. Im Gegenzug sollen mehrere Bausteine für eine gute medizinische Versorgung in Rockenhausen umgesetzt werden, unter anderem soll das Westpfalz-Klinikum weiterhin den Notarztstandort Rockenhausen betreiben und eine Tagesklinik Geriatrie mit 15 Betten am Standort Rockenhausen gemeinsam mit niedergelassenen Geriatern entwickeln und aufbauen. Eine Entscheidung, die sich niemand so gewünscht hat, wie die Fraktionen betonten.

    Das hob auch Landrat Rainer Guth eingangs der Sitzung hervor. Er berichtete von diversen Maßnahmen, die von Kreisseite aus unternommen wurden und werden, um eine gute medizinische Versorgung im gesamten Kreisgebiet zu gewährleisten, so unter anderem die Gründung eines Arbeitskreises „gesundheitliche Entwicklung“, dem alle Kreistagsfraktionen angehören. „Zudem hat jede Fraktion auch die Möglichkeit, eine Fachperson in dieses Gremium mitzunehmen. Hier wird parteiübergreifend sehr zielführend gearbeitet“, lobte der Landrat. Außerdem nannte er unter anderem Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Ärztekammer oder dem Gesundheitsministerium, erinnerte an ein erfolgreiches Medizinercamp im vergangenen Jahr oder die Einstellung einer Gesundheitsmanagerin. Trotz zahlreicher Bemühungen und Initiativen von verschiedenen Seiten stehe nun eine schwere Entscheidung bevor.

    Rahmenbedingungen haben sich verändert

    Zum Hintergrund: Im Jahr 2018 wurde die Entscheidung zur Verlagerung der Klinik für Innere Medizin 5 von Rockenhausen nach Kirchheimbolanden vom Kreistag Donnersbergkreis (Sitzung am 19.06.2018) sowie dem Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung der Westpfalz-Klinikum GmbH beschlossen. Damals gingen die Verantwortlichen aufgrund der damaligen Rahmenbedingungen davon aus, die Unterabteilung Geriatrie am Standort Rockenhausen nicht nur halten, sondern sogar als geriatrisches Fachkrankenhaus spezialisieren zu können.

    In den zurückliegenden Jahren veränderten sich die Rahmenbedingungen für viele Krankenhausstandorte, unter anderem aufgrund des Fachkräftemangels und der Finanzierung gerade kleiner Standorte. In Verbindung mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie führte dies auch zu einer schwierigen wirtschaftlichen Situation für die Westpfalz-Klinikum GmbH und vor die Herausforderung, sich als Krankenhaus zukunftsfähig aufzustellen. Letztendlich eine Aufgabe, der sich viele Krankenhäuser stellen müssen und die leider auch schon zur Schließung von Krankenhausstandorten in Rheinland-Pfalz geführt hat. Schließlich führten der Fachkräftemangel und die schwierige Personalsituation dazu, dass teilweise bis zu 250 Betten insgesamt an allen Standorten nicht belegt werden konnten beziehungsweise können. Am Standort Rockenhausen sind laut Geschäftsführung aktuell 28 Betten nicht belegbar.

    Geriatrisches Fachpersonal konnte nicht akquiriert werden

    Über diese Situation und Problematik, insbesondere geriatrisches Fachpersonal für den Standort Rockenhausen zu finden, wurde auch in verschiedenen Sitzungen der Kreisgremien berichtet, unter anderem in den Sitzungen des Kreistages am 15.12.2021, 29.04.2022,17.11.2022 und 30.01.2023.

    Wie die Geschäftsführung der Westpfalz-Klinikum GmbH berichtet beziehungsweise berichtete, konnte in den zurückliegenden Jahren trotz permanenter und umfangreicher Maßnahmen kein geriatrisches Fachpersonal akquiriert werden. Dies betrifft sowohl den Ärztlichen Dienst als auch den Pflege- und Funktionsdienst. Wiederholte Ausschreibungen in den Print- und sozialen Medien, über zirka 15 Personalvermittlungsagenturen und Headhunter, Jobbörsen und Bewerberplattformen, direkte Ansprachen von Universitätskliniken und potenziellen Kandidaten auch mit Unterstützung des Landkreises Donnersbergkreis blieben leider bis dato ergebnislos.

    Entscheidung für Gesamtkonzept benötigt

    Bei einem „Runden Tisch“ am 14.6.2022 in Mainz mit Vertretern des Gesundheitsministeriums, des Gesellschafters Donnersbergkreis, der örtlichen Politik und des Westpfalz-Klinikums, wurde vereinbart, eine erneute umfassende Akquise von stationären Geriatern bis Ende des Jahres 2022 vorzunehmen. Leider blieben diese Aktivitäten ebenfalls ergebnislos.

    Zur beschlossenen Neubaumaßnahme in Kirchheimbolanden (Erweiterungsbau) benötigt die Westpfalz-Klinikum GmbH für das zuständige Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit die Entscheidung für das Gesamtkonzept in Rockenhausen und Kirchheimbolanden, damit das Raumprogramm und auch die Fördermittelzusage freigegeben werden können. Hier muss eine Entscheidung über einen zusätzlichen Neubau von 40 Betten (ohne Geriatrie) oder 70 Betten (mit Geriatrie) erfolgen. Dies ist aus Sicht der Verantwortlichen der Westpfalz-Klinikum GmbH sowie des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit zeitnah erforderlich. Auch zur Sicherung des Standortes Kirchheimbolanden ist eine Entscheidung unumgänglich.

    Offener Brief der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

    Zudem hat nun das Personal aus Rockenhausen in einem offenen Brief seine Gedanken, Bedenken und Zukunftsängste artikuliert und die Verlagerung der Geriatrie nach Kirchheimbolanden befürwortet. Rund 90 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben diesen Brief unterschrieben. Darauf ging auch der Betriebsratsvorsitzende Michael Ruther in der Kreistagssitzung noch einmal ein.

    Aus all diesen Gründen möchte die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung der Westpfalz-Klinikum GmbH vorschlagen, nun die Mitverlagerung der Unterabteilung Geriatrie mit der Klinik für Innere Medizin 5 nach Kirchheimbolanden zu beschließen. Dies erfolgt dann mit dem Bezug des Neubaus in Kirchheimbolanden. Der Neubau würde dann neben 40 zusätzlichen Betten für die Innere noch 30 weitere Betten für die Geriatrie umfassen. Der Standort Kirchheimbolanden würde dann über 170 Betten verfügen.

    Für den Standort Rockenhausen sichert die Westpfalz-Klinikum GmbH den Betrieb des Notarztstandortes und die Errichtung und den Aufbau einer Tagesklinik Geriatrie mit 15 Betten zu. Voraussetzung ist die Genehmigung, KV-Zulassung und Akquise eines niedergelassenen Facharztes, der diese betreiben würde. Derzeit gibt es bereits Gespräche mit einem potenziellen Interessenten. Ebenso sichert sie den Partnern vor Ort ihre Unterstützung zu, die zukünftige ambulante Struktur für Rockenhausen mitzugestalten und somit die medizinische Versorgung der Bevölkerung weiterzuentwickeln.

    Forderung Kreistag und Erweiterungsantrag der SPD-Fraktion

    Der Kreistag fordert auch die Festlegung einer erweiterten Grundversorgungsstrategie am Standort Rockenhausen. Das Gremium hat die Geschäftsführung der Westpfalz-Klinikum GmbH und den Landrat beauftragt, die notwendigen Schritte und Maßnahmen für den Aufbau der Tagesklinik anzugehen sowie unter anderem mit Beteiligung des Landes einen runden Tisch zur Gesundheitsversorgung zu initiieren sowie die zukünftige Gestaltung der ambulanten Struktur für Rockenhausen mitzugestalten und somit die medizinische Versorgung der Bevölkerung weiterzuentwickeln.

    Der Kreistag stimmte zudem einem ergänzenden Antrag der SPD-Fraktion zu, der wie folgt lautet:

    „Der Kreistag bittet die Geschäftsführung der Westpfalz-Klinikum GmbH und beauftragt den Landrat sowie die Aufsichtsratsmitglieder aus dem Donnersbergkreis, sich auch in den Gremien der Westpfalz-Klinikum GmbH für nachstehende Maßnahmen einzusetzen und zu engagieren bzw. deren Umsetzung zu fordern:

    A) Tagesklinik Geriatrie in Rockenhausen
    Das Westpfalzklinikum betreibt eine Tagesklinik Geriatrie in Rockenhausen mit der entsprechenden Anzahl von Betten (15 bereits genannt) und den beiden Ärzten, die auf Initiative der SPD-Fraktion durch den Gesundheitsökonom Elmar Koeller bereits in Gesprächen mit dem Geschäftsführer Herrn Hemmer empfohlen wurden. Dabei soll auch auf die Einrichtung einer Institutsambulanz Geriatrie sowie zwei Praxen für Pneumologie und Schmerztherapie hingewiesen werden.

    B) Einrichtung einer integrierten ambulanten/stationären Grundversorgung am Standort in Rockenhausen
    Dieses Konzept ist in der Krankenhausreform vorgesehen und bedeutet:

    • verschiedene Ärzte und Fachrichtungen sind für ein breites Spektrum an Behandlungen und ambulanten Operationen tätig
    • Starke Rolle der Pflege
    • Vor- und Nachsorge sind vorgesehen, Bettenstationen werden vorgehalten
    • Mehrtägige Aufenthalte von Patienten sind möglich, u. a. bei Komplikationen, bei Risikopatienten für Vor- und Nachsorge

    C)  MVZ Rockenhausen;

    • Orthopädie, Unfallchirurgie, D-Arzt

    Das MVZ ist z. Zt. geschlossen, für Patienten ist dieser Zustand schwer vertretbar. Bei der Nachfolge sollte sich das Westpfalzklinikum um eine Arztstelle bemühen und möglichst besetzen in einem eigenen MVZ oder durch Unterstützung des bestehenden MVZs mit seiner derzeit vorhandenen Tätigkeit in Rockenhausen.

    D) Mitwirkung der Zero Praxen im geplanten Ärztehaus in Rockenhausen
    Bei dem Vertragswerk sollte das Westpfalzklinikum als Träger fungieren und bei der Übernahme der Kassensitze regeln, dass diese vor Ort mindestens zehn Jahre bleiben und besetzt werden.

    E) Weiterhin muss im Bereich Rockenhausen eine bedarfsgerechte, ausgewogene, ambulante ärztliche Versorgung sichergestellt bzw. fix geplant werden. Der Bedarf besteht aus 6 bis 8 Hausärzten, Chirurg/Orthopäde, Fachärzte für Innere Medizin in verschiedenen Schwerpunkten, Gynäkologe in der Grundversorgung.

    Die baulichen Voraussetzungen werden in nächster Zeit mit dem Ärztehaus in der Stadtmitte geschaffen. Eine Teilnahme an dieser Projektierung ist angezeigt.“


    Antrag der Grünen: Modellregion und erweitertes Versorgungszentrum

    In einem folgenden Tagesordnungspunkt stimmte der Kreistag einstimmig zudem einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu. Darin soll die Implementierung einer Modellregion zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen mit einer Zusatzqualifikation zur Entlastung und Ergänzung der Ärztinnen und Ärzte im Donnersbergkreis angestoßen werden. Zusätzlich soll geprüft werden, wie Medizinische Versorgungszentren mit Pflegeangeboten erweitert werden können.

    Zur Begründung: Mehr als 20 Prozent der Hausärzte im Donnersbergkreis sind bereits im Rentenalter und über 70 Prozent sind 55 Jahre und älter. Bei Fachärzten sehe die Situation nicht wesentlich besser aus. „In einer Modellregion Donnersbergkreis können ärztliche Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen und neue Berufsbilder übertragen werden. Fachpersonal mit Zusatzqualifikationen oder Studienabschlüssen (Community Health Nurses, Physician Assistant) sind dafür ausgebildet, Gesundheits- bzw. Versorgungszentren in Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsprofessionen weiterzuentwickeln und zu begleiten“, heißt es in dem Antrag.

    Ambulante pflegerische Behandlungen für Patienten, aber genauso Beratung und Anleitung für Angehörige könnten mögliche Versorgungsangebote komplettieren, die autark von Pflegefachpersonal übernommen werden könnten, heißt es weiter. „Moderne und digitalisierte Technik sowie die Telemedizin können diese Angebote in Kooperationen mit den niedergelassenen Ärzten zusätzlich ergänzen. Neue Wege, die Vernetzung von Pflege und Ärzte oder neue Berufsbilder zur Entlastung von Ärztinnen und Ärzten können den drohenden medizinischen Versorgungsmangel professionell auffangen und die gesundheitliche Versorgung in unserer ländlichen Region sicherstellen.“   

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