Liebe
Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Donnersberger,
uns
allen ist an einer - auch in der Zukunft - sicheren und wohnortnahen
medizinischen Versorgung gelegen und dazu gehören notwendige Angebote an
unseren Krankenhaus-Standorten in Kirchheimbolanden und Rockenhausen. Eine Vielzahl
von aktuellen Zuschriften, Leserbriefen, Presseerklärungen - die aus Unkenntnis
oder wissentlich - falsche Aussagen zur Zukunft der Krankenhäuser treffen, sind
wenig zielführend. Mit solchen (teils parteipolitisch gefärbten) Stellungnahmen
entfernen wir uns von der Sachebene und es erscheint mir sinnvoll, einige Fakten
klarzustellen.
Blicken
wir zurück: Im sogenannten Paketbeschluss von 1992 wurde zur Sanierung und zum
Erhalt der Standorte die Verschmelzung beider Häuser unter Trennung der
Fachrichtungen beschlossen. Die Innere blieb in ROK, Chirurgie und Gynäkologie
in KIB. Unmittelbare medizinische Gründe haben damals keine Rolle gespielt, wie
es im Protokoll der Kreistagssitzung nachzulesen ist. Von 1992 bis 2002
erfolgten drei maßgebliche Reformen im Gesundheitswesen. Nach der Fusion mit
dem Westpfalz-Klinikum entwickelte sich eine vertrauensvolle und stets
vorwärtsgewandte Zusammenarbeit, mit dem Ziel, überall die Angebote zu verbessern
und zu entwickeln. Beide Standorte im Donnersbergkreis erwarben sich dank der
dort tätigen Spezialisten aus Medizin und Pflege einen guten Ruf.
In
der Folgezeit gab es weitere Reformen und die Zahl der Kliniken in Deutschland sank
unter der Last einer gegenläufigen Kosten- und Erlössituation. Vorläufiger
Höhepunkt im Standardisierungs- und Qualitätssicherungsprozess ist der aktuelle
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Notfallversorgung. Demzufolge
werden nur noch Kliniken als Notfallkrankenhäuser anerkannt, an denen die Abteilungen
Innere, Chirurgie und sechs Intensivbetten an einem Standort sowie die
Anästhesie (innerhalb von 30 min.) und ein CT 24 Stunden lang verfügbar ist.
Alle anderen Kliniken zahlen einen Abschlag von, nach aktueller Planung 50 € je
behandeltem Patienten. Notfälle im eigentlichen Sinne des GBA, also zeitkritische,
lebensbedrohliche Erkrankungen, werden im Westen unseres Kreises aktuell und
schon seit vielen Jahren an ROK vorbeigefahren, denn deren Behandlung ist in
den nahegelegenen größeren Zentren, z.B. in KL, wesentlich besser möglich. Hier
gibt es Herzkatheterlabore, Stroke-Units bei Schlaganfällen und eine Zentrale
Notaufnahme mit allem, was die Intensivmedizin bietet. So sind KL und die
BG-Klinik in LU anerkannte, überregionale Traumazentren in der Pfalz. KIB ist
lokales Traumazentrum und Teil des Trauma-Netzwerkes-Pfalz. Jeder Umweg über
eine Klinik, die nicht zur Behandlung von Notfällen ausgestattet ist, kostet
wertvolle Zeit und damit auch möglicherweise den Erhalt der Gesundheit oder gar
des Lebens. Als solche erkannte Notfallpatienten wurden und werden immer direkt
in eine Klinik der Maximalversorgung gebracht.
Der
zunehmende Kosten- und Qualitätsdruck bewegte die Leitung des Westpfalz-Klinikums
schon seit Jahren dazu, all seine Standorte zu optimieren. Daraus folgte auch
die Genehmigung des Landes in 2014, zehn internistische Betten in KIB zu
eröffnen. Um organisatorisch gut und wirtschaftlich nachhaltig zu arbeiten,
braucht eine Innere Abteilung jedoch 40, besser 45 Betten. Entsprechend werte
ich diese Genehmigung auch als „Wink mit dem Zaunpfahl“, deutlicher in diese
Richtung zu agieren. Entsprechend wurden Planungen intensiviert, die mit einem mir
vorliegenden Schreiben vom 8.8.2014 an das zuständige Ministerium in Mainz und
an meinen Vorgänger Winfried Werner konkretisiert wurden.
Zur
Begründung heißt es u. a.: „Die Behandlung von multimorbiden und hochbetagten,
unfallchirurgischen und viszeralchirurgischen Patienten am Standort KIB ist
heutzutage ohne eine internistische Begleitbehandlung nicht mehr tragbar“ und
„Wir benötigen dringend medizinische und pflegerische Kompetenz vor Ort, um die
Patienten bei Komplikationen sowie auch in der Vor- oder Nachbehandlung großer
Eingriffe… zu begleiten“. Diesem Brief folgten verschiedene Gespräche in KIB
und KL, in deren Folge Bauplanentwürfe im Juni 2016 und im Mai 2017 vorgelegt
wurden. Aufgezeigt werden darin die weitgehende Verlagerung von Innerer Abteilung
und Weaning nach KIB sowie die erhöhte Bettenzahl in der Geriatrie und der
Psychiatrie in ROK, ergänzt um ein Ärztehaus / Gesundheitszentrum.
Das
Westpfalz-Klinikum informierte seinerzeit bereits meinen Amtsvorgänger. Ich selbst
wurde beim Antrittsbesuch des Geschäftsführers Peter Förster am 2.11.2017
erstmals mit der Themenlage konfrontiert. Aufgrund der Tragweite des Themas
habe ich meinen Kollegen im Klinik-Aufsichtsrat Cullmann, Kauth und Schäfer sowie
den 1. Kreisbeigeordneten Michael Ruther am 23.11.2017 meinen Informationsstand
mitgeteilt.
Im
Januar-März wurden uns Aufsichtsräten des Westpfalz-Klinikums die Details zum
Masterplan 2025 bekannt gemacht. Die Geschäftsleitung des Klinikums erläuterte am
23. April im Kreishaus Details zu den Planungen,
stellte rechtliche und wirtschaftliche Erfordernisse dar. Erklärt wurde, warum
man ROK schon jetzt nicht als Notfallstandort bezeichnen könne. Gleichwohl habe
sich die medizinische Notfallversorgung im Alsenztal durch die in Alsenz
errichtete dritte Rettungswache seit Sommer 2017 deutlich verbessert.
Dennoch
wurden in den Verbandsgemeinderäten ROK und A-O Resolutionen zur Sicherung des
Gesundheitsstandortes ROK verabschiedet, die fälschlicherweise den Räten und
interessierten Bürgern suggerierten, es würde ein Notfallstandort geschlossen,
und die Patienten würden dann schlechter versorgt als bisher. Ergänzt wurden
die Resolutionen durch eine Unterschriftenliste. Hierin war bereits die
Überschrift reißerisch und inhaltlich falsch! Es war nie die Rede davon, das Krankenhaus
ROK zu schließen.
Am
7.5. fand im Mainzer Gesundheitsministerium ein Gespräch mit allen Fraktionen
des Kreistages, des Kreisvorstandes und unserer Aufsichtsräte statt. Nachdem Bürgermeister
Cullmann seine Teilnahme abgesagt hatte, wurde Stadtbürgermeister Seebald zur
Teilnahme eingeladen.
Im
Ergebnis komme ich aus dem Gesagten zu folgenden Feststellungen:
- Zum
Notfallstandort nach GBA kann KIB nur durch die Verlagerung der Inneren Medizin
werden. Ziel ist es, ein Notfallkrankenhaus im Donnersbergkreis zu erhalten!
- ROK
soll zum Gesundheitszentrum um- und ausgebaut werden. Dazu braucht es einen
verlässlichen Beschluss über die Zukunft des Standortes.
- Im
Donnersbergkreis würden ca. 600 Bürger in Ortschaften mit einer Entfernung
oberhalb der 30 min-Grenze zum nächsten Notfallkrankenhaus leben, wenn es in
KIB und ROK keine Notfallklinik gäbe. Laut GBA-Richtlinie sei ein Gebiet erst
dann unterversorgt, wenn mehr als 5.000 Personen länger als 30 min bräuchten.
- Rockenhausen
nimmt an der Notfallversorgung teil, allerdings nur in einem sehr geringen
Umfang im Sinne einer Erstversorgung. Das entspricht dem abgestuften
Notfallkonzept des Landeskrankenhausplans.
- Rockenhausen
hat gute Aussichten, eine Ausnahmeregelung zur Abwendung von Abschlagszahlungen
zu erhalten, da die Geriatrie auch eine 24 h-Bereitschaft für örtliche Notfälle
beinhaltet. Voraussetzung ist der Ausbau der Geriatrie.
- Die
offenen Briefe von Medizinern aus dem Alsenztal geben hinsichtlich der
tatsächlich zu leistenden Notfallversorgung in Rockenhausen ein falsches Bild ab,
was die Menschen verunsichert.
- Die
Aufteilung Chirurgie / Innere ist inhaltlich zu hinterfragen
- Der
Aufbau einer Inneren Medizin, zunächst um zehn Betten in KIB, ist seit 3 bis 4
Jahren konkret und im Ausschuss für Krankenhausplanung beschlossen.
- Zum
anstehenden Landeskrankenhausplan: Aktuell wird hierzu ein Vorgutachten
erstellt und im August finden Trägergespräche zu den Standorten statt.
Alternativen zu den Festlegungen des Masterplanes 2025 müssten daher final bis
Ende Juli vorliegen.
- Die
Absicht, noch ein Gutachten zu dieser Frage einzuholen, ist zu hinterfragen:
Dagegen
spricht u.a., dass es innerhalb der nächsten 6 bis 8 Wochen vorliegen (und vom
Donnersbergkreis finanziert werden) müsste, zu rechnen ist aber mit einer
Bearbeitungszeit von vier Monaten.
Alle
Vertreter unseres Kreises waren im Anschluss an das Gespräch einig, die für den
Folgetag anberaumte Sondersitzung des Kreistages abzusagen. Der in der „Rheinpfalz“
vom 12.5. veröffentlichten Erklärung zufolge, wird seitens der
SPD-Kreistagsfraktion jedoch weiterer Beratungsbedarf gesehen und ein Gutachten
zur Klärung der Möglichkeiten für Rockenhausen gefordert. Zudem wurde mir
bekannt, dass in wenigen Tagen ein Gespräch mit der zuständigen Ministerin stattfinden
soll. Eingeladen sind bislang jedoch nur Vertreter einer Partei. Ich frage mich als Ihr parteiloser Landrat mit dem
Willen zu Transparenz und Fairness: Warum werden in einer so wichtigen
Angelegenheit nicht alle Fraktionen und in der Verantwortung stehende
Mandatsträger hinzugezogen?
Für
mich heißt es nun, folgende Wege entschlossen einzuschlagen:
- Verlagerung
der Inneren und des Weaning nach KIB
- Ausbau
der Geriatrie in ROK auf 60 Betten
- Ausbau
des Pfalzklinikums in ROK um weitere 14 Betten
- Aufbau
des MVZ Donnersberg am Krankenhaus in ROK und Etablierung weiterer
Fachrichtungen dort
- Fortentwicklung
des Gesundheitszentrums ROK innerhalb des Förderprogrammes „Sektorenübergreifende
Gesundheitszentren“
- Verstetigung
der provisorischen Rettungswache Alsenz
Ich
hoffe, Ihnen mit diesen Zeilen mehr Klarheit zum komplexen Themenbereich
gegeben zu haben, und schließe mit dem Wunsch an alle politischen Lager, das
Thema nicht zum Kommunalwahlkampf zu gebrauchen. Dazu taugt eine von außen auf
uns eindringende medizinische Strukturpolitik definitiv nicht.
Herzlich,
Ihr
Landrat Rainer Guth