Verleihung der Kirchheimbolander Friedenstagepreise: Hoffnungsträger gewürdigt

    Es war ein Abend der bewegenden Worte, ein Abend der Hoffnungsträger, ein Abend, der aufzeigte, wie vielfältig das Engagement für Frieden ist. Aber auch ein Abend, der verdeutlichte, dass „Friedensarbeit ein Marathon ist“, wie Norbert Willenbacher, der Sprecher des Arbeitskreises Kirchheimbolander Friedenstage, sagte. Am Samstagabend sind die Kirchheimbolander Friedenstagepreise 2020 und 2021 an den Förderverein ambulante Hospizarbeit im Donnersbergkreis e. V., die Corona-Helferinnen und Helfer im Gesundheitsamt sowie Impfzentrum Donnersbergkreis, Pfarrer Carsten Leinhäuser, Carola Rackete und Clemens Ronnefeldt verliehen worden – pandemiebedingt in digitaler Form.

    „Wir haben viel umdisponieren müssen. Aber es ist nicht die richtige Zeit, dies in einer Präsenzveranstaltung zu machen. Wir möchten dafür keine Reisen quer durch Deutschland und dann Menschen zusammen in einen Raum setzen“, sagte Norbert Willenbacher. So hatten sich rund 60 Personen auf digitalem Wege zur Preisverleihung zusammengefunden. 

    Mit Blick auf Denkmäler, Einrichtungen und auch Straßen, die nach Generälen benannt sind, die Krieg führten, fragte Willenbacher: „Ehren wir nicht die falschen Leute?“ Mehr als jemals zuvor in der Geschichte seien die Menschen wegen Krieg gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. „Heute ehren wir Hoffnungsträger, Zupacker, Menschen, die nicht wegsehen, wenn irgendwo ein Konflikt ist. Heute stehen Menschen im Mittelpunkt, die nicht einfach alles dem Recht des Stärkeren überlassen wollen. Das ist die Tradition der Kirchheimbolander Friedenstage“, erläuterte Willenbacher. Der Arbeitskreis Kirchheimbolander Friedenstage bestehe nicht aus blinden Optimisten. Aber die Mitglieder seien überzeugt davon, dass sie mit ihrer Arbeit ihren Teil zu einer besseren Welt beitragen können. 

    Der Förderverein ambulante Hospizarbeit im Donnersbergkreis

    Zur Tradition der Friedenstage gehört es, dass auch regionale Friedensschaffende für deren Engagement gewürdigt werden. Diesmal gab es drei Preise. Der Förderverein ambulante Hospizarbeit im Donnersbergkreis e. V. unterstützt die ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienste im Kreis ideell und materiell. Ideell durch Veranstaltungen, die die Themen Tod und Sterben auf unterschiedliche Weise thematisieren, materiell durch Einwerben von Spenden, die die Arbeit der Haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter unterstützen. „Liebe Kümmerer und Tröster, Ihnen allen gehört der Preis. Sie sind alle Friedensstiftende. Sie erklären dem Tod den Frieden, damit Menschen in Würde und friedvoll sterben können“, sagte Pfarrer i.R. Ludwig Burgdörfer in seiner Laudatio. „Hospizarbeit ist das menschlich Kostbarste, was wir einander schenken können“, betonte Burgdörfer.

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienste begleiten schwerkranke, sterbende Menschen und deren Angehörige zu Hause. Sie setzen sich für ein Leben und Sterben in Würde ein und ermutigen, sich mit den Themen Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen. „Es ist eine Auszeichnung, die all denen gilt, die die ambulante Hospizarbeit im Kreis initiiert haben, tragen und unterstützen. Es hat immer etwas mit Geben und Nehmen zu tun, wenn solche Begegnungen stattfinden. Eine Arbeit, die oft leise und im Verborgenen stattfindet“, sagte Pfarrer Friedrich Schmidt, der Vorsitzende des Fördervereins ambulante Hospizarbeit im Donnersbergkreis.

    Die Corona-Helferinnen und Helfer im Gesundheitsamt sowie Impfzentrum

    Für ihr kurzentschlossenes, zupackendes Handeln wurden die Corona-Helferinnen und Helfer im Gesundheitsamt sowie Impfzentrum gewürdigt. „Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, freiwilligen Helferinnen und Helfer, Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten geleistet haben, ist unbeschreiblich“, hob Jamill Sabbagh, der Beigeordnete des Donnersbergkreises und der Stadt Kirchheimbolanden sowie Vorsitzende der Donnersberger Initiative für Menschen in Not, in seiner Laudatio hervor. Hauptamtliche haben viele, viele Überstunden geleistet, an Wochenenden gearbeitet, gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen – zum Wohl und Schutz der Menschen, haben sich dafür selbst in Gefahr begeben, mussten sich auf neue Herausforderungen einstellen, betonte Sabbagh, der all diesen Menschen dankte, insbesondere auch Alexander Groth, der zahlreiche Bundeswehrsoldaten zum Helfen organisiert hatte, Katrin Limbach und Magdalena Friederichs, die Leiterinnen des Gesundheitsamts, Eva Hoffmann, die Leiterin der Abteilung Recht, Gesundheit und Ausländerbehörde der Kreisverwaltung Donnersbergkreis, Impfkoordinator Reiner Bauer, Björn Becker und Christian Rossel, die das Impfzentrum in Kirchheimbolanden aufgebaut hatten. Dort wurden mehr als 50.000 Impfungen in gut acht Monaten vorgenommen. „Ihr seid die Helden des Jahres und Ihr habt noch viel zu tun“, sagte der Kreisbeigeordnete. 

    „Dieser Preis würdigt unsere Arbeit im Gesundheitsamt und erfüllt uns gleichzeitig mit Stolz. Die Pandemie ist noch nicht überstanden“, sagte Magdalena Friederichs. Sie dankte ihrem Team. „Ohne die Unterstützung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und im Kreishaus wäre das nicht möglich.“ Katrin Limbach, die sich mit Magdalena Friederichs die Leitung teilt, gab einen Einblick in die Arbeit im Gesundheitsamt. „Es gibt nicht den Tag im Gesundheitsamt. Es ist eine massiv dynamische Lage. Wir müssen jeden Tag neu reagieren“, erläuterte Limbach. In der Hotline des Gesundheitsamtes gehen derzeit bis zu 200 Anrufe am Tag ein, bis zu 120 Abstriche werden am Tag durchgeführt, wenn es zum Beispiel einen Corona-Fall in einer Kita gibt und am nächsten Tag die Kinder getestet werden müssen. 

    Kürzlich bot das Gesundheitsamt im Kreishaus einen Impfnachmittag an, „wir gehen regelmäßig in Altenheime, um dort zu impfen, die Menschen zu schützen. Dies alles ist nur zu stemmen mit einem Team, das sich dem gesellschaftlichen Auftrag mehr als stellt, seit zwei Jahren Überstunden macht, an Wochenenden und Feiertagen Dienst schiebt, all das ohne Groll macht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun viel mehr, als sie müssen. Da wird nicht nur die Kontaktperson oder die positive getestete Person gesehen, sondern das Individuum, das dahintersteckt“, erzählte Limbach. Umso mehr schmerze es, dass gerade diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angefeindet werden, ob am Telefon oder in sozialen Netzwerken. „Das ist sehr hart“, sagte die Leiterin des Gesundheitsamtes. 

    Es gebe aber auch die Menschen, die mithelfen, die unterstützen, die sich an die Regeln halten, sich Impfen lassen, auf Abstand achten sowie Kontakte reduzieren, und damit mithelfen, Infektionsketten zu durchbrechen. All denen dankte Katrin Limbach, ebenso wie unter anderem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kreisverwaltung, den Verbandsgemeindeverwaltungen, den Seniorenheimen, den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Kita- und Schulleitungen. 

    Björn Becker hob das über zehn Jahre Geleistete des ehemaligen Brand- und Katastrophenschutzinspekteurs Christian Rossel hervor, der den Brand- und Katastrophenschutz im Kreis vorangebracht habe. Nun in Winnweiler eine kommunale Impfstelle aufzubauen, funktioniere nur mit einem Team, das ohne lange zu fragen einfach anpackt, eine beeindruckende Mannschaft. 

    Pfarrer Carsten Leinhäuser

    Mit der Aktion #liebegewinnt hat der katholische Pfarrer Carsten Leinhäuser Menschen, die Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren, weil sie von einer vermeintlichen Norm abweichen, gezeigt, dass sie akzeptiert und respektiert werden. „Liebe ist ein Segen. Menschen, die sich lieben, werden gesegnet.“ Dies gilt auch für homosexuelle Paare. Dafür steht Pfarrer Leinhäuser, auch wenn er damit von der offiziellen Linie der Kirche abweicht. 

    „Mit viel Herzblut, Herzlichkeit und Echtheit setzt er sich für #liebegewinnt ein. Dabei nimmt er auch das Schwierige in Kauf, auch die Kritik. Carsten geht es nicht um seine eigene Person, es geht ihm um die Sache und die Menschen. Er gibt dem sein Gesicht, seine Worte. Er hat ein hörendes Herz, ist ein überzeugter Vertreter der frohen Botschaft“, sagte Tanja Rieger, Referentin für Katechese im Bistum Speyer, in ihrer Laudatio. Carsten Leinhäuser sei ein Hoffnungsträger. 

    „Es geht nicht um mich“, betonte Carsten Leinhäuser. „Es geht um die Menschen, die homosexuell empfinden und die in unserer Kirche und vielen Ländern benachteiligt werden. Ich bin einer von vielen, die sich dafür einsetzen, um Brücken zu bauen“, sagte der Pfarrer. Er freue sich auf der einen Seite, dass dieses Thema eine Öffentlichkeit erhalte. „Ich finde es aber auch peinlich für unsere Kirche. Ich wäre viel lieber stolz auf eine Kirche, die eine Vorreiterrolle hat. Eine einzelne Person wie ich kann nur ein kleines Rädchen im Getriebe sein, aber wenn viele Menschen versuchen die Welt besser zu machen, dann kann da was passieren.“

    Carola Rackete

    Auch zwei überregionale Friedenstagepreise wurden an diesem Abend verliehen. Als mutige Seenotretterin hat Carola Rackete im Juni 2019 für Schlagzeilen gesorgt. Den Kirchheimbolander Friedenstagepreis erhielt sie für ihr Umweltengagement. „Sie weiß: Schnelles und mutiges Handeln ist notwendig, um unumkehrbare Zerstörungen unserer Lebensräume und damit einhergehende wirtschaftliche Verwerfungen und soziale Konflikte zu vermeiden, aus denen unweigerlich Kriege und Gewalt resultieren. Den Klimawandel eindämmen, die Artenvielfalt bewahren, unsere Räume schützen – all dies ist vorausschauende Friedensarbeit im wahrsten Wortsinn“, heißt es in der Urkunde. Carola Rackete widmet ihre Energie und Schaffenskraft dem Schutz bedrohter Lebensräume. 

    In Form politischen Kabaretts hat Arnulf Rating ein Video als Laudatio aufgenommen, das in den nächsten Tagen auf der Homepage der Friedenstage veröffentlicht wird. „Es ist immer etwas unangenehm, als Einzelperson ins Licht gerückt zu werden. Seenotrettung können wir nur im Team machen. Die meisten Leute, die einen Beitrag leisten, werden in der Regel nicht gewürdigt. Sie werden aber durchaus gesehen“, sagte Carola Rackete.  

    Die aktuelle Lage beschrieb sie unter anderem mit Blick auf Klimakrise und Artensterben als dramatisch. „Es ist allerhöchste Zeit, dass wir uns alle engagieren“, betonte Rackete. Die schweigende Mehrheit sei gefordert. „Es gibt viele Leute, die sich wünschen, dass die Menschenrechte respektiert werden.“ 

    Clemens Ronnefeldt

    Seit 40 Jahren ist Clemens Ronnefeldt, aufgewachsen im rheinhessischen Osthofen, in der Friedensarbeit aktiv. Dessen beeindruckendes Engagement zeigte Ulrich Suppus aus der Eifel auf, der selbst seit Jahrzehnten in der Friedensbewegung engagiert ist. In den 1990er Jahren war der Schwerpunkt der Arbeit von Clemens Ronnefeldt der Balkan. Dort hat er unter anderem traumatisierte Kinder in Flüchtlingslagern betreut. In den vergangenen 20 Jahren hat er sich auf die Konflikte im Nahen Osten konzentriert, gewaltfreie Lösungsansätze entwickelt. „Du lebst, was du sagst und wofür du einstehst. Du verurteilst keine Handlungen“, sagte Ulrich Suppus zu Clemens Ronnefeldt. Er sei ein Mensch voller Hoffnung.

    Clemens Ronnefeldt zeigte Bilder über sein Schaffen, erzählte von Eindrücken, „die ich nie vergessen werde“. Ein großer Teil des Preisgeldes in Höhe von 5000 Euro möchte er dafür verwenden, dass Menschen nach der Explosion in Beirut wieder Obdach bekommen. Seit 1992 ist Clemens Ronnefeldt Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. Auf YouTube moderiert er eine TV-Reihe. Von 2015 bis 2019 war er Moderator der Internationalen Münchner Friedenskonferenz. Ein Mensch, der sich mit Hartnäckigkeit für Dinge einsetzt, wie Ulrich Suppus verdeutlichte. „Ich bin davon überzeugt, dass du einen Preis für dein Wirken in der Welt, für den Frieden und die Schöpfungsbewegung mehr als verdienst“, betonte Suppus. 

    Das Wirken, das Engagement von Clemens Ronnefeldt verdeutliche, dass Friedensarbeit Ausdauer brauche, sagte Norbert Willenbacher. „Die haben Sie.“

    Der Sprecher des Arbeitskreises warb um Spenden für die Kirchheimbolander Friedenstage und kündigte an, dass Clemens Ronnefeldt im nächsten Jahr ein Abend zu dessen Engagement gewidmet werde. Dann hoffentlich in einem persönlichen Austausch, auch wenn die rund zweieinhalbstündige Verleihung der Kirchheimbolander Friedenstagepreise eindrucksvoll zeigte, dass es auch auf digitalem Wege ein bewegender Abend werden kann.

    Info

    • Die Kirchheimbolander Friedenstage freuen sich über Spenden. Spendenkonto: Donnersberger Initiative für Menschen in Not e.V., IBAN: DE13540519900030011001, Sparkasse Donnersberg, Verwendungszweck: Friedenstage.
    • Der Vortrag „#liebegewinnt – Brücken bauen für homosexuelle Menschen und Paare“ von Pfarrer Carsten Leinhäuser im Rahmen der Kirchheimbolander Friedenstage findet am Dienstag, 7. Dezember, 19 Uhr, in digitaler Form statt. Weitere Informationen unter www.pfarrei-winnweiler.de 

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